Sein und Schein im Staatswald Densbüren – Ausflugtipp und Fazit

Persönlicher Augenschein im Staatswald Densbüren

Der Staatswald Densbüren ist frei zugänglich und kann jederzeit besucht werden. Wer mit offenen Augen durch den Wirtschaftswald spaziert, erkennt überall die Spuren der Nutzung.

Der Staatswald liegt zwischen Oberzeihen und Herznach auf dem Gemeindegebiet von Densbüren. Er kann entweder zu Fuss von Zeihen oder von Herznach aus (Postauto) erreicht werden. Ein Parkplatz für Autos befindet sich auf der Ortsverbindungsstrasse zwischen Herznach und Oberzeihen (höchster Punkt).

Auf dem untenstehenden Kartenausschnitt sind einige Beobachtungspunkte nummeriert. Die Nummern entsprechen dem nachfolgenden Text:

1 Kulturland, Waldrand: Der Einfluss der angrenzenden Landwirtschaft auf den Wald ist enorm. Nährstoffeintrag aus Luft und durch die Ausbringung der Gülle bis an den Waldrand hat eine Eutrophierung (Wald) und einen Verlust von Pflanzenarten (Waldrand, Licht) zur Folge. Der Unterhalt (mechanisches Mulchen der Wegränder durch Forstbetriebe) ist heute Standard. Er führt zu einem weiteren (flächendeckenden) Verlust von Artenvielfalt im Wald. Auf die Bewirtschaftung der Wälder hat diese nicht zu übersehende Entwicklung bisher keine Konsequenzen (Anpassungen) zur Folge. Die Verantwortlichen für den Wald fühlen sich nicht für die Auswirkungen der Landwirtschaft auf den Wald zuständig.

2 Erster Blick auf die Räumungsfläche und die Schlagkante (Ausführung ab Dezember 2014).
Alles andere als naturnah. Plantage (Erlen, Nüsse, Kirschen). Kahlschlag. Nicht im Betriebsplan 2008 vorgesehen. Flächenhafte Vernichtung der Naturverjüngung. Sonnen- und windexponierte Böden, Schlagkante (Folgeschäden). Immense Bodenveränderungen entlang von Forststrassen (Abraum, Lagerplätze).
Die Verantwortlichen für den Wald sehen hier keine Plantage, sondern ein Projekt Naturschutzprogramm Wald (Förderung seltener und wertvoller Baumarten). Mit Staatswaldleitung vorbesprochen. Vom Kreisförster genehmigt. In der angrenzenden Weide sind deutlich die neuen Ausschwemmungen (abfliessendes Wasser aus Rückegassen) zu erkennen.

3 Ältere Räumungsfläche mit Riesenschachtelhalm, Brombeerdickichten, Schwarznüssen und Erlen. Im Betriebsplan als Räumungsfläche vorgesehen.
Die pflanzensoziologische Karte der Waldgesellschaften zeigt hier keine Vernässungen (Riesenschachtelhalm). Diese Veränderung ist die Folge von forstlichen Eingriffen in den Boden- und Wasserhaushalt (Schaden, Rückegassen, Befahren von Waldboden, Strassenbau, Strassenunterhalt). Die pflanzensoziologische Karte (Text) weist auf die Anfälligkeit der Waldgesellschaften für Brombeerdickichte hin: Brombeeren dominieren heute beträchtliche Flächen im Staatswald (Folgen der Bewirtschaftung, Strassenunterhalt und Nährstoffe). Sie behindern die Naturverjüngung. Schwarznüsse sind Neophyten (oder Zuchtformen).
Die Verantwortlichen für den Wald äussern sich nicht zu den Pflanzen vor Ort und den Veränderungen. Die pflanzensoziologische Karte (Bericht) ermöglicht auf diesen Standorten angeblich die Anpflanzung von Erlen. Nüsse, Kirschen, Erlen gehören in die Kategorie Seltene und wertvolle Baumarten (Jungwaldpflegeprojet 2012-2015): „Damit werden künftig auf diesem Standort wieder standortsgerechte Baumarten aufkommen“.

4 Diverse Ablagerungen im Privatwald (Gras, alte Eisenbahnschwellen) und im Staatswald (Gras von Privaten, von Räumungen stammendes Astmaterial und Material von Naturschutzprogrammen Wald, Strassenräumungen, Holzlagerplätze).
Dieses Material gehört nicht in den Wald. Bodenbelastung, Bodenveränderung. Trägt zur Eutrophierung bei. Ist nicht korrekt: Ich nehme an, dass bei den Geldern des Waldnaturschutzprogramms die ordentliche Entsorgung inbegriffen ist. Zufahrtsmöglichkeiten sind überall vorhanden. Wenn der Förster selber Materialen im Wald deponiert, kann er andere auch nicht davon abhalten und beaufsichtigen. Für die Aufsicht wird der Förster bezahlt. Die Verantwortlichen für den Wald haben eine Prioritätenliste für die Aufsicht: Bauten, Rodungen, Ablagerungen von festem Material. Der Förster kann angeblich nicht allen Bagatellfällen „nachrennen“.

5 Räumungsfläche, Holzschläge ab Dezember 2014: Holz wurde unmittelbar vor der Übergabe an den neuen Forstbetrieb auf einer sehr grossen Fläche geschlagen (Räumungen und Einzelbäume). Wegen der grossen Fläche musste sehr viel Holz (Schnitzelholz, Wertholz) transportiert und gelagert werden. Die Lagerung in Jungwuchsflächen (Schnitzelholz) und entlang von Wegen verursacht umfangreiche Waldschäden (Naturverjüngung, angeschlagene Bäume) und Bodenveränderungen (Druck, Abraum). Der entstandene Dreck auf den Forstrassen wurde (wie immer) auf grossen Strecken einfach in den angrenzenden Wald gestossen. Der Boden wurde teilweise flächenhaft befahren (Erdhaufen gemischt mit Ästen).
Die Spuren diese Art der Holznutzung sind durch den ganzen Staatswald zu sehen (Wegränder, vor allem talseits). Die Bodenveränderungen führen zu Eutrophierung und dem Verlust von Pflanzenarten (z.B. Rotes Waldvögelein, verschiedene Orchideenarten). Der Bodenschutz darf nicht nur in Rückegassen beurteilt und bemessen werden, sondern er muss alle Auswirkungen berücksichtigen. Beim Holzschlag war nicht nur der (neue) Forstschlepper im Einsatz. Auch Kleinbagger zum Verteilen der Äste (Erdhaufen) und der Bührertraktor mit Wagen (Schlagräumung) befuhren den Waldboden. Befahren und Verändern von Waldböden sind Gift für die Naturverjüngung und die Ertragsfähigkeit des Waldes. Die Bodenveränderung führen zu neuen Vernässungen im Wald. Die Verantwortlichen für den Wald geben zu: „Während die Einhaltung des Bodenschutzes auf der Räumungsfläche als vorbildlich taxiert wurde, sind im Durchforstungsbestand sehr lokal Fahrspuren aufgetreten“.

6 Zeigerpflanzen und Neophyten: Entlang der Forststrassen (auf den Strassen, Strassenränder) und auf Räumungsflächen sind lokal Breitwegerich (sehr starker Nährstoffzeiger, Dünger?), Jakobskreuzkraut, Goldruten und sehr viele Ackerkratzdisteln (flächig) zu beobachten.
Sie zeigen die Bodenbelastung (Transporte, Veränderungen), den Nährstoffreichtum (Ablagerungen, Veränderungen des Bodens durch Flächenhiebe/Räumungen) und freilandähnliche Bedingungen im Wald.
Die Verantwortlichen für den Wald äussern sich nicht zu diesen Beobachtungen

7 Lotharflächen und angrenzende Räumungsflächen: Es gibt im Staatswald verschiedene Räumungsflächen mit Anpflanzungen. Allen Gemeinsam sind die Brombeeren. Auf einer grossen Fläche mit Disteln ist die Verjüngung offensichtlich mit sehr mässigem Erfolg geschehen.
Es ist unklar, welches Wertholz dereinst hier geerntet werden kann (Förstermix, Risiko) und mit welchem Aufwand. Unklar ist, wer die Drähte und Drahtgeflechte wieder entfernt. Die Flächen zeigen freilandähnliche Bedingungen. Sie erfordern viel Aufwand. Auf Jahrzehnte hinaus ist kein messbarer Holzzuwachs auszuweisen.
Die Verantwortlichen für den Wald „verteidigen“ das Vorgehen vor Ort. Es bleibt ihnen ja auch nichts anderes übrig, weil sonst Fehler eingestanden werden müssten. Unbeantwortet bleiben die Fragen: Ist das naturnah? Was kostet diese Art des Vorgehens die Waldbesitzer (Steuerzahler)? Wann ist mit welchen Holzerträgen zu rechnen?

8 Gemähte Wiese (Föhrenbestand), Waldnaturschutzprogramm: Schematische Behandlung (Mahd). Für den Pfeifengras Föhrenwald wurde zu viel ausgeholzt. Für Trespenwiese ist der Schnitt zu spät. Schnittgut wird in angrenzenden Wald (siehe oben) deponiert: Eutrophierung, schlechtes Beispiel, Nachahmer (Gartenabfälle), obwohl Zufahrt zum Abtransport möglich wäre.
An sich ist es für den Pflanzenbestand (seltene Arten) gut, dass gemäht wird. Die Zuständigen gehen aber viel zu wenig auf die vorhandenen standörtlichen Verhältnisse ein. Man wendet einfach schematisch ein Programm an. Ich nehme an, dass in der Vereinbarung der Abtransport des Mähgutes vorgesehen ist und abgegolten wird. Die Verantwortlichen für den Wald erwähnen, dass das Programm wird von renommierten Büros begleitet wird. Damit haben schliesslich alle Arbeit und die Gewissheit, dass es richtig gemacht wird.

9 Bachfläche, Weiher, Glögglifrosch, Kohldistelwiese: Auffällig sind wieder die Spuren der Eutrophierung (Wegunterhalt, Lagerplätze, Deponie von Astmaterial und Schnittgut). Die Flächen der ehemaligen Bacheschenwälder (mit Morcheln) sind weitgehend dem Brombeerdickichten gewichen. Der Weiher und die angrenzende Grube mit Geburtshelferkröten wurde mit staatlichen Geldern so „saniert“, dass er heute als Amphibienlebensraum stark entwertet ist. Eutrophierendes Schnittgut (Abfall) wird vom zuständigen Förster als Natur „Kleinstruktur und Rückzugsort für Kleintiere“ deklariert. Die Kohldistelwiese hat sich stark verändert (viel weniger Orchideen als früher). Sie wird im Spätherbst mit schweren Maschinen befahren.
Den „Naturschutzmassnahmen“ fehlen eine sachgerechte Erfolgskontrolle (oder Monitoring) und konkrete Lenkungsmassnahmen, wenn die Sache sich ungünstig entwickelt. Die Sache hat Signalwirkung: Für den guten Ruf genügt es, von Naturschutz zu reden, egal wie sich die Natur entwickelt.
Die Verantwortlichen für den Wald äussern sich nicht zur Natur: Renommierte Büros. Niemand ist verantwortlich. Geld weg, Glögglifrosch weg, trotz Jurapark und viel Propaganda.

10 Liegende Schwarzpappel, Waldrand, Bach: Am Waldrand liegt eine abgestorbene Schwarzpappel (Totholz). Sie ist inzwischen ziemlich verrottet. Das Vorkommen dieser seltenen Baumart (Einzelbaum) im Jura ist bemerkenswert.
10m3/ha stehendes und liegendes Totholz ist im naturnahen Waldbau (und damit auch im Staatswald Densbüren) Pflicht. Diese Menge ist sicher nicht vorhanden. Dem Wald fehlen damit wesentliche Lebenselemente. Es liegen keine Angaben über den Totholzanteil vor. Dafür hat sich in den letzten Jahren der Etzelebach ganz eindeutig eingetieft: Der Anfall von Wasser bei Starkniederschlägen hat offensichtlich zugenommen.

Ausflugtipp, Fazit Ausflug: Persönlicher Augenschein Staatswald Densbüren, Karte
Ausflugtipp, Fazit
Ausflug: Persönlicher Augenschein Staatswald Densbüren, Karte

Bewirtschaftung und Umgestaltung des Staatswaldes Densbüren 1998 – 2014

Der Staatswald Densbüren wurde von 1998 – 2014 im Auftrag des Kantons vom Forstbetrieb Homberg-Schenkenberg „bewirtschaftet“.

Die Forstreviere (Reviere der Forstbetriebe, personifiziert benannt nach Betriebsleitern) werden vom Kanton zugeteilt (Staatswald) oder von den Forstbetrieben akquiriert (z.B. Bözberg zu Brugg). Es besteht ein Wettlauf um Kunden, Geld und Angebot, Markt.

Der Forstbetrieb Homberg-Schenkenberg (Rolf Treier) macht seinen Umsatz zu 50 % im Wald (Rest für Gemeinden, Unterhalt, Monopol in Zeihen und Effingen). Für den Wald und den Betrieb weist er regelmässig Gewinne (für Ortsgemeinden) aus. Er macht nur, was Geld gibt. Die Forstbetriebskommission besteht aus Gemeinderäten (politische Behörde, viele Wechsel). Die Vereinbarung unter den Gemeinden ist der Öffentlichkeit nicht bekannt. Aufgrund des Angebots an die Ortsgemeinde Bözberg ist anzunehmen, dass die Forstbetriebskommission zur Bewirtschaftung der Wälder (inklusive Forststrassen) nichts zu sagen hat. Die Betriebskommission deckt den Betriebsleiter, weil sie den Gewinn nicht verspielen will. Das Waldwissen und das Waldgewissen fehlen.

Das Geschäftsmodell basiert auf einer guten Auslastung des Betriebs, der Kombination aller Programme (Natur, Pflege aus der öffentlichen Hand), der fehlenden Konkurrenz, dem optimierten Einsatz von Maschinen (Erntekosten reduziert gilt als positiv), alles als notwendig und als Naturschutz „verkauft“ und unterstützt von einem Begleitchor von Lehrerinnen/Schülern und BirdLife Aargau (Beratung). Setzt voraus, dass ihm niemand dreinredet und dass nicht zu viele Regeln zu beachten sind (Betriebsplan, Jahreszeiten, Bodenschutz sind nur hinderlich). Was früher verpönt war (Kahlschläge, Anpflanzungen) dient heute dem Naturschutz und ist notwendig. Nach eigener Anpreisung arbeitet der Betrieb nach Möglichkeit naturnah. Damit gibt er selber zu, dass nicht alles naturnah ist, was gemacht wird.

Aufgrund meiner Beobachtungen, Mails, Zeitungsartikel, Information und des Augenscheins mit den Verantwortlichen des Kantons bin ich jetzt der Lage, mir ein konkreteres Bild über die Vorgänge im Staatswald von Densbüren zu machen. Die Sache (Organisation, Waldentwicklung, Konsequenzen) ist sehr komplex und für Beteiligte und die breite Öffentlichkeit nicht einfach nachvollziehbar.

Der Bund übt faktisch keine Oberaufsicht über die Wälder (Waldbewirtschaftung) mehr aus. Gründe: Sparen. Konsequenzen: Delegation an Kantone. Die Kantone (und die Bewirtschaftung der Staatswälder) stehen in der Verantwortung.

Die Funktion (Name) des Kantonsoberförsters und der Kreisoberförster gibt es nicht mehr. Neu: Kantonsförster, Kreisförster. Gründe sind mir unbekannt. Vieles wird an Forstbetriebe delegiert. Konsequenzen: Die Forstbetriebe/Revierförster erhalten sehr viele Freiheiten.

Im Staatswald wurde oft über den Jahreswechseln geholzt. Der Betriebsleiter erwähnt, der Staatswald hätte noch Bedarf an Fläche für Programme (Gelder), die (offenbar) noch ausgegeben werden mussten.

Fazit

Geförderte (finanzierte) „Naturschutzprogramme“ werden zur Begründung von grossen Räumungsflächen (Kahlschlägen) und zur Anpflanzung von irgendwelchen Bäumen (u.a. Exoten) im Wald und im Staatswald herangezogen. Die Auswirkungen stehen klar im Widerspruch zu Kriterien des naturnahen Waldbaus, der im Staatswald Pflicht ist.

Reiche Naturverjüngung mit sehr vielen jungen Nussbäumen zeigen sich überall im Staatswald Densbüren. Artenreichtum, reiche Naturverjüngung, schöne Waldbilder, er besteht keine Notwendigkeit für die bisherige Art der Holzerei.

Die Auswirkungen der bisherigen Bewirtschaftung des Staatswaldes (Betriebsplan 2008) lassen sich vor Ort unschwer erkennen. Bodenveränderungen sind viel grösser, als bisher mit digitalisierten Rückegassen dargestellt. Es gibt auch Räumungen und Anpflanzungen, die als gescheitert zu betrachten sind. Brombeeren und unerwünschte Pflanzen breiten sich aus. Ablagerungen werden toleriert. Der Waldeigentümer (die Öffentlichkeit) trägt das finanzielle Risiko.

 

Der Staatswald hat auch eine Vorbildfunktion.

 

Es genügt meiner Meinung nach nicht, wenn hier die minimalen Standards eingehalten werden: Was im Staatswald gezeigt und toleriert wird, darf natürlich auch andernorts nicht kritisiert werden. Das offensichtliche Fehlen von Totholz wirft Fragen über die Kontrolle auf: Der Hiebsatz allein ist offensichtlich kein genügendes Mass für die Beurteilung der Waldentwicklung und der Nachhaltigkeit. Hilfreich wären auch Zahlen: Was gibt der Kanton für den Staatswald aus, was nimmt er ein?

 

>>> Zum Anfang, Beginn der öffentlichen Diskussion um den Staatswald Densbüren: Artikel Sein und Schein