50 Blauwale in einer Holzkiste und 10‘000 Tonnen Sauerstoff am Schalttag 2024
WaldSchweiz und die Waldleistungen am Schalttag 2024
Scherze am 1. April sind aus der Mode gekommen. Sie sind verpufft und untergegangen in der täglichen Flut der Fake-News. Der Verband der Waldeigentümer (WaldSchweiz) nutzt jetzt das Schaltjahr 2024 für die Meldung, dass uns der Wald an diesem zusätzlichen Tag viele Leistungen erbringt und uns profitieren lässt.
(Beginn der WaldSchweiz Medienmitteilung vom 15. Februar 2024)
Einen Tag zusätzlich von den Leistungen des Waldes profitieren
2024 ist ein Schaltjahr und entsprechend einen Tag länger als ein «normales» Jahr. Doch auch an diesem zusätzlichen Tag vollbringt der Wald viele Leistungen, von denen die gesamte Gesellschaft profitieren kann.
Der Wald leistet sehr viel für die Menschen. An einem Schalttag ruht sich der Wald nicht etwa aus. Täglich wächst die Fläche des Waldes in der Schweiz um rund 16 Fussballfelder (11 Hektaren). Und auch am Schalttag erbringt der Wald – wie an allen anderen Tagen – wichtige Ökosystemleistungen:
- Insgesamt wachsen im Schweizer Wald pro Tag über 28’000 Kubikmeter Holz nach,
was einem Würfel mit einer Kantenlänge von über 30 Metern entspricht. In diesem
hätten etwa 50 ausgewachsene Blauwale (eines der grössten Tiere) Platz. - Jede Schweizerin und jeder Schweizer verbringt pro Tag im Schnitt eine
Viertelstunde im Wald, sei es beim Joggen, Spazieren oder Reiten. Kumuliert ergibt
dies für den Schalttag einen zusätzlichen Erholungswert von 8 Millionen Franken –
oder rund einen Franken pro Einwohnerin und Einwohner. - Auch am Schalttag stellt der Wald über 10’000 Tonnen Sauerstoff bereit.
Angenommen ein Mensch verbraucht pro Tag 2’500 Liter Sauerstoff, reicht diese
Menge 8’000 Personen ein Jahr lang zum Atmen. - Der Schweizer Wald senkt an diesem Tag die CO2-Belastung um über 7’000 Tonnen.
Das entspricht der Menge, welche ein durchschnittliches Auto auf über 57 Millionen
Kilometern ausstösst. - Zudem filtert der Schweizer Wald pro Tag bis zu 200’000 Tonnen Staub und Russ
aus der Luft. Dies ist in etwa so viel, wie 20 Eiffeltürme wiegen. - Der Schweizer Wald filtert pro Tag 10 Millionen Liter Trinkwasser und spart so bis zu
200’000 Franken an Aufbereitungskosten. Das am Schalttag gereinigte Trinkwasser
reicht für rund 35’000 Personen. - Und auch am Schalttag schützt der Schweizer Wald vor Naturgefahren. Er erbringt an
diesem zusätzlichen Tag eine Schutzleistung in der Höhe von 11 Millionen Franken.
Dies sind Durchschnittswerte pro Tag und es ist klar, dass die Waldleistungen von verschiedenen Faktoren abhängig sind und sich nicht nach dem Kalender richten. Doch auch wenn es sich hierbei um berechnete Angaben handelt, ist es erstaunlich, welche Leistungen unser Wald für die Gesellschaft erbringt – an jedem Tag! Mehr zu den Waldleistungen unter Waldleistungen | Wald Schweiz .
Die Waldeigentümerinnen und -eigentümer sowie die Forstbetriebe unterstützen mit der Waldpflege den Wald, damit er die von der Gesellschaft gewünschten Leistungen erbringen kann. Mit dem Klimawandel nimmt die Bedeutung einer vorausschauenden Waldbewirtschaftung weiter zu. Es gilt, bereits heute Baumarten und Strukturen zu fördern, welche die Waldleistungen auch in Zukunft sicherstellen werden.
Allerdings ist die kostendeckende Waldbewirtschaftung in der Schweiz besonders in Gebirgsgebieten, in steilen Lagen oder in Wäldern mit einer starken Erholungsnutzung eine grosse Herausforderung. Daher sind Beiträge zur Waldpflege und an die Sicherstellung der Waldleistungen unabdingbar (wie z.B. in Schutzwäldern), um die Leistungen des Waldes abzugelten und die Waldeigentümerinnen und -eigentümer zu entlasten. Das sieht auch die nationale Politik so. Die Motion «Wald. Rasche Anpassung an den Klimawandel ist dringend» von Ständerat Daniel Fässler, Präsident von WaldSchweiz, soll die finanziellen Beiträge für die Anpassung des Waldes an den Klimawandel ab 2025 weiterführen. Im Dezember 2023 hat die kleine Kammer dieser Motion klar zugestimmt, demnächst wird der Nationalrat darüber beraten.
(Ende der Medienmitteilung)
Der Schalttag ist kein zusätzlicher Tag
Die Kommunikation bedient sich dabei des gewohnten Zahlengeballers und absurder Rechenbeispiele. Sie übersieht, dass der Schalttag gar kein zusätzlicher Tag ist. Die Wahl des Februars für die Stabilisierung des Kalenders fällt in das Winterhalbjahr. Die Vegetationsruhe. Ohne Blätter und passable Temperaturen sind Photosynthese und Sauerstoffproduktion stark eingeschränkt. Die Medienmitteilung verbreitet keine Informationen sondern Sauglattismus. Das Volk soll glauben, dass die Forstwirtschaft dem Wald wohl bekommt. Die Forstbetriebe der Waldeigentümer brauchen öffentliche Gelder, damit sie ihre gewohnte Holzerei mit Gewinn weiterführen können.
WaldSchweiz vertritt die Meinung, die der deutsche Forstprofessor Max Endres 1906 in Danzig vorgetragen hat: „Der Wald hat in erster Linie die Aufgabe, seinem Besitzer Geld einzubringen und wirtschaftlich ausgenutzt zu werden. Alles andere ist Nebensache.“ Bewusst unterscheidet WaldSchweiz nicht zwischen Waldareal (raumplanerisch), Forst (Wirtschaftswald) und ungezähmtem Wald (Lebensraum, der sich in einer perfekten Kreislaufwirtschaft selbst reguliert). Nicht kontrollierbare Maximalzahlen zu Tagesleistungen des Waldes oder Durchschnittswerte ohne Quellenangabe werden präsentiert. Jeder Schweizer befinde sich pro Tag eine Viertelstunde im Waldareal. Die Behauptungen dienen der Beeindruckung der Leserschaft.
Jahrbuch „Wald und Holz“ 2023
Für die Forstwirtschaft im Aargau ist der Kanton zuständig. Vergleiche über die ganze Schweiz machen im Jura keinen Sinn. Das Bundesamt für Umwelt (BAFU) weist im Jahrbuch „Wald und Holz“ 2023 nach: Der Holzvorrat hat im Jura in den letzten Jahren um 9.8 Prozent abgenommen. Auf Wanderungen oder Luftbildern sind unzählige Kahlschläge, aufgelichtete Einzelbäume und das Fehlen grosser Bäume in Forstflächen unübersehbar. Die Speicherung von CO2, die positiven Wirkungen auf das Lokalklima und die Naturnähe sind in diesen übernutzten Waldarealen stark eingeschränkt oder sogar ins Gegenteil verkehrt. Wenn der Holzvorrat abnimmt, wurde mehr Holz geschlagen als nachgewachsen ist.
Das ist nicht nachhaltig, sondern ausbeuterisch und für unser wichtigstes Ökosystem, den ungezähmten Wald, ruinös.
Gesetzeswidrigkeiten finden nicht nur im fernen Urwald statt. Dass wir, die Steuerzahler, die Erhöhungen des regionalen CO2-Ausstosses durch Forstwirtschaft und die Holzverbrennung noch subventionieren, lässt sich mit Waldwissen, Schönreden und Schalttagen nicht begründen.
25. Februar 2024