Aargauer Waldgesetz wird nicht vollzogen

Herr Landammann Attiger bestätigt schriftlich:

Die im Kantonalen Waldgesetz des Aargaus vorgesehene „Forstliche Planung“ zur „Pflege und Nutzung des Waldes“ wird nicht vollzogen. Der Regierungsrat verwehrt der Bevölkerung das gesetzlich vorgeschriebene Mitwirkungsrecht.

 

Das Waldgesetz des Kantons Aargau vom 1. Juli 1997 ist klar und deutlich formuliert:

3. Pflege und Nutzung des Waldes

3.1. Forstliche Planung

§ 14 Planarten und Planungsziele
1 Die forstliche Planung umfasst den Waldentwicklungsplan und den Betriebsplan.
2 Sie setzt die Ziele dieses und anderer Gesetze um und stellt einen naturnahen Waldbau sowie die Verwirklichung des Grundsatzes der Nachhaltigkeit sicher.

§ 15 Waldentwicklungsplan
1 Der Waldentwicklungsplan gibt Aufschluss über die Standortverhältnisse, die Waldfunktionen und deren Gewichtung sowie über die angestrebten Entwicklungen. 2 Der Regierungsrat erlässt oder ändert den Waldentwicklungsplan nach der Durchführung eines Mitwirkungsverfahrens. In diesem wird der Planentwurf aufgelegt. Den Waldeigentümerinnen und Waldeigentümern, den Einwohnergemeinden und der Öffentlichkeit wird die Möglichkeit gegeben, Einwendungen zu erheben und Vorschläge einzureichen.
3 Der Waldentwicklungsplan umfasst das ganze Kantonsgebiet; er kann in regionale Waldentwicklungspläne unterteilt werden.

§ 16 Betriebsplan
1 Der Betriebsplan konkretisiert die Vorgaben des Waldentwicklungsplans für die einzelnen Forstbetriebe. Er regelt die Pflege und Nutzung des Waldes näher.
2 Er wird von den Waldeigentümerinnen und Waldeigentümern erstellt und bedarf der Genehmigung durch das zuständige Departement, das vorgängig die Stellungnahmen der betroffenen Einwohnergemeinden einholt.
3 Mit der Genehmigung wird festgehalten, welche Elemente des Betriebsplans für den Forstbetrieb bindend sind.

Naturschutz, Raumplanung und andere Bereiche sind Sache der Kantone. Der Bund übt keine Oberaufsicht über die Wälder mehr aus. Die Verantwortung für den Wald liegt damit klar beim Regierungsrat des Kantons Aargau.

 

Ich habe dem Regierungsrat am 8. Januar 2017 folgenden Brief geschrieben:

‚An den
Regierungsrat des Kantons Aargau
Regierungsgebäude
5001 Aarau

Zeihen, 8. Januar 2017

Waldgesetz des Kantons Aargau (AWaG) vom 1. Juli 1997
Waldentwicklungsplan (§ 15)

Sehr geehrter Herr Landammann
Sehr geehrte Damen und Herren

Gemäss Waldgesetz erlässt der Regierungsrat den Waldentwicklungsplan nach Durchführung eines Mitwirkungsverfahrens. Das ist bis heute offensichtlich nicht geschehen. Auf jeden Fall hatte ich als Aargauer nie die Gelegenheit bei einer forstlichen Planung mitzuwirken.

Ich stelle den Antrag: Bitte starten Sie die Verfahren zur Erarbeitung der Waldentwicklungspläne und geben Sie Termine, eventuell Übergangsbestimmungen, vor.

Begründung: Es geht nicht an, dass in Landschaften von kantonaler und nationaler Bedeutung genau gleich wie überall, im Ermessen der Forstbetriebe und ohne Mitwirkungsmöglichkeit der Bevölkerung, Forstwirtschaft betrieben wird.‘

 

Herr Landammann Stephan Attiger hat als Vorsteher des Departementes Bau, Verkehr und Umwelt am 25. Januar 2017 die Anfrage negativ beantwortet.

 

 

Auf mehreren Seiten wird eher über belanglose Inhalte geschrieben: Wenn man etwas nicht will, dann hüllt man es in eine Wolke von Nebel. Als Kern der Verweigerung des regierungsrätlichen Gesetzesvollzug bleibt: „Wäre der erste Entwurf des Waldgesetzes erst 1998 entstanden, wäre für den Waldentwicklungsplan mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Kann-Formulierung gewählt oder auf das Instrument des Waldentwicklungsplans vollständig verzichtet worden“.

Wenn das so gewesen wäre, wäre in der Verordnung zum Waldgesetz (AWaV vom 16. Dezember 1999) und in „Umwelt Aargau, Sondernummer vom 4. Februar 1999, S. 15-17“ (Was wird geplant und wie kann ich mitwirken?) sicher auch das Vorgehen zur Erarbeitung des Waldentwicklungsplanes nicht so klar und unmissverständlich dargelegt und begründet worden.

Herr Landammann, mit Verlaub: Das mit dem Konjunktiv ist wirklich eine kreative Begründung für die Nicht-Tätigkeit und Nicht-Kommunikation des Regierungsrates. Wäre es nicht einmal an der Zeit, dass auch die Bevölkerung erfährt, warum sie zur Forstwirtschaft nichts zu sagen hat?

 

Mit Interesse lese ich unter www.ag.ch (Regierungsrat) Ihre Worte als Landammann:

„Es ist die Aufgabe der Politik, das, was Aargauerinnen und Aargauer an der Urne beschliessen, in die Tat umzusetzen. Zuallererst der Regierungsrat, der parteipolitisch so farbig zusammengesetzt ist wie die Bevölkerung des Kantons.
Deshalb hat sich der Kanton das Motto „Menschen machen Zukunft“ auf die Fahne geschrieben. Es ist mehr als ein Leitspruch, weil er jeden Tag von neuem ge- und belebt wird“.

Die Musik, die hör ich wohl. Im Wald machen die (wenigen) Forstreviere und Forstunternehmer die Zukunft – und zwar allein. Die schauerlichen Bilder der Holzerei im schönen Aargauer Jura wirken sich für die Landschaft nachhaltig negativ aus. Die Waldentwicklungspläne des Regierungsrates wären das Instrument, um die Auswüchse zu verhindern. Und jetzt sind wir wieder beim Konjunktiv.

Der interessierten Bevölkerung bleibt nur: Beobachten, Fragen, Überlegen und sich zu äussern.

 

Erklärende Publikation mit Grafiken
Umwelt Aargau, Sondernummer 4. Februar 1999
Raumplanung, Forstliche Planung, Richtplan, Nutzungsplan, Waldentwicklungsplan, Betriebsplan

>> Was wird geplant und wie kann ich mitwirken?

Umwelt Aargau
Umwelt Aargau ist das Bulletin für die Umweltinformation des Kantons Aargau und erscheint seit 1998. Es wird gemeinsam von verschiedenen
Abteilungen der kantonalen Verwaltungen herausgegeben, die sich mit dem Schutz des Lebensraums Aargau befassen. Im Zentrum stehen neue Entwicklungen und Erkenntnisse zu Umweltthemen verbunden mit Aktivitäten in den Umweltbereichen:
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