Brugg Geissenschachen: Wer stoppt die Holzerei im Auenschutzpark?

Von der Ankündigung des Holzschlages in der AZ vom 01. Februar 2024 dauerte es gerade einen Tag, bis die Holzerei begann. Gemäss Mitteilung des Stadtrates von Brugg müssen „aus Sicherheitsgründen“ im Auenschutzpark „100 Eschen und grosse Buchen“ aus dem Waldareal entfernt werden. Stadtrat und Forstbetrieb Brugg hatten sich dazu im letzten Sommer die Zustimmung der Kreisförsterin eingeholt. Alle
Beteiligten wussten schon damals, dass der Eingriff Proteste auslösen könnte. Deshalb liess man das Geschäft liegen, orientierte erst zu Beginn der Aktion und stellte den neuen Leiter des Forstbetriebs ins Rampenlicht und in den Gegenwind. Die Frau Stadtammann und der Förster räumten den Fehler der Nichtinformation sofort ein. Noch am selben Nachmittag wurden Vertreter der lokalen Naturschutzvereine zu einer beschwichtigenden Ortsbegehung in den Geissenschachen zitiert.

Auenschutzpark

Ich habe Frau Stadtammann Horlacher per Mail gebeten, die für die Bäume tödliche Holzerei aufzuschieben und zuerst die rechtlichen Fragen klären zu lassen. Sie hat mich abgewimmelt. Mit keinem Wort ist sie auf meine Bedenken eingegangen. Eine Wiederholung und Präzisierung meiner Bitte hat sie am 02. Februar 2024, zehn Minuten vor dem Verlassen ihres Büros in die wohlverdienten Ferien, beantwortet: Die Arbeiten hätten bereits begonnen. So sieht der Nichtvollzug von Rechtsgrundlagen, grundeigentümerverbindlichen Nutzungsplanungen und vereinbarten Vorgehensweisen in einem seit langem bekannten Gebiet des Auenschutzparks Aargau aus. Die Forstwirtschaft brüstet sich mit Natur, sucht Anerkennung und finanzielle Beiträge. Die Beteiligten interpretieren die Gesetze nach eigener Propaganda und lassen sich von Fragen und Kritik nicht aufhalten. „Das bedrohte Wasserschloss“ (Bericht im Internet) leidet seit 40 Jahren unter einer „Naturüberrollung“ durch Nutzungen. Dass aber 2024 weder der Auenschutzpark Aargau, noch die grundeigentümerverbildliche Nutzungsplanung der Gemeinde Windisch oder die Holzhandelsverordnung des Bundesrates etwas verändert haben, macht einfach nur traurig oder wütend.

Wenn die Kreisförsterin den Holzschlag bewilligt, dann findet dieser im Waldareal des Geissenschachens statt. Die Agis-Karten des Kantons (Kulturlandplan) zeigen die Aufteilung in Wald, Militär, Sportplätze usw. Das Waldareal liegt im Perimeter des Auenschutzparks. Ein Wald, dem die grossen Bäume entnommen wurden, ist kein Wald mehr, sondern ein Forst. Die Wirkung grosser Bäume auf den Lebensraum Wald und das Klima können durch nichts anderes ersetzt werden. In der Bau- und Nutzungsordnung (BNO) der Gemeinde Windisch, zu der das Gebiet gehört, ist grundeigentümerverbindlich beschrieben, was im Waldareal zu geschehen hat: Naturgemässe Bestockung (NB). Ich gehe davon aus, dass zur Bestockung nicht nur, wie im Holzschlag vorgesehen, abgesägte Stöcke, enthauptete Stämme und drapierte Haufen mit Abfallholz gehören. Dass das genutzte Holz aus dem Auenschutzpark durch direkte Verbrennung auch noch einen Beitrag zu Erhöhung des CO2-Gehalts der Luft beitragen darf, was der Förster positiv findet, ist ziemlich schräg. Unwissenschaftlich. Und grundeigentümerverbindlich heisst: Es gilt auch für den Stadtrat und die Ortsbürger von Brugg, denen das fragliche Waldareal gehört.



Der Regierungsrat des Kantons Aargau hält das kantonale Waldgesetz von 1997 nicht ein. Aus eigenem Ermessen unterliess er den Erlass von Waldentwicklungsplänen und verzichtete auf die Durchführung von öffentlichen Mitwirkungen zu Nutzungszielen. Der Regierungsrat will nicht, dass die Bevölkerung im Forst mitreden kann. Damit fehlen die obligatorischen Grundlagen für die Betriebspläne der Waldeigentümer. Der neue Förster behauptet: Der Holzschlag entspreche den gültigen Betriebsplan. Leider lässt sich das nicht überprüfen, wenn zuerst geholzt und nachher diskutiert wird. Illegal im Zusammenhang mit Forstwirtschaft gibt es nach Ansicht der Bundes- und Kantonsangestellten nur im Ausland. Im heimischen Waldareal gibt es nach deren Ermessen keine Sünde und keine Sünder. Im Faktenblatt „Nachhaltigkeit von Schweizer Holz“ schreibt das Bundesamt für Umwelt BAFU im November 2023 zur „Legalität der Holznutzung in der Schweiz“: „Durch die klaren Zuständigkeiten im Vollzug sowie die flächendeckende Aufsicht und Kontrolle der kantonalen Forstdienste kann sichergestellt werden, dass in der Schweiz die gesetzlichen Vorschriften zur nachhaltigen Waldbewirtschaftung und Holznutzung eingehalten und überprüft werden. Dadurch ist gewährleistet, dass das Risiko einer illegalen Holznutzung in der Schweiz vernachlässigbar ist“. Die Abteilung Wald des Kantons Aargau weigert sich, die Einhaltung der Holzhandelsverordnung zu kontrollieren. Was die Kreisförsterin bewilligt hat, kann gar nicht falsch sein. Und eine Klage ist gar nicht so einfach. Wer nicht per Baugesetz zu einer Beschwerde legitimiert ist, oder ein direktes materielles Interesse geltend machen kann, wird kaum ernst genommen. Wo kein Kläger ist, da ist auch kein Richter. Deshalb haben auch Gemeinderäte und Waldeigentümer nichts zu befürchten, wenn sie sich nicht an unliebsame Gesetzesartikel halten. Als einziges Zugeständnis bleibt: Man werde nächstes Mal, wenn die grossen Bäume weg sind, die Informationspflichten und den Einbezug der Landschaftskommissionen besser wahrnehmen.

Heiner Keller
Oberzeihen, 4. Februar 2024
Ehemals Präsident Natur- und Vogelschutzverein Brugg

Bildlegende:
Im Auenschutzpark im Geissenschachen von Brugg werden zur Zeit grosse Bäume gefällt. Ohne grosse Bäume bleibt von einem Wald nicht mehr viel übrig.