Ist der Gemeinderat Zeihen unfehlbar?

Nachdem an der Oberzeiherstrasse 32 in Zeihen im November 2023 ohne das Vorliegen einer Baubewilligung Hausteile abgebrochen wurden, publizierte der Gemeinderat Mitte Dezember eine Baubewilligung „für den Neubau einer Gewerbeliegenschaft mit Attikawohnung und den Umbau des bestehenden Einfamilienhauses“. Auf Nachfrage bestätigte mir der Gemeindeschreiber per Mail:
„Das Bauprojekt wurde wie jedes andere Baugesuch auf die Übereinstimmung mit den geltenden Bauvorschriften überprüft. Wäre das Bauprojekt nicht bewilligungsfähig gewesen, hätte der Gemeinderat keine Baubewilligung erteilen können.“ Ich habe mir daraufhin die das Baugesetz, die Bau- und Nutzungsordnung Zeihen BNO und die Pläne auf „agis online“ nochmals angesehen und komme zu nachfolgenden Schlüssen.


Der Abbruch von Hausteilen vor dem Vorliegen einer Baubewilligung war nicht korrekt.

Die jetzt bewilligte „Gewerbeliegenschaft mit Attikawohnung“ basiert auf der Umzonung, die erst mit Inkrafttreten der neuen BNO rechtskräftig wird. Die BNO ist durch die aufschiebende Wirkung einer laufenden Gerichtsbeschwerde blockiert. Eine Attikawohnung kann an dieser Stelle nicht bewilligt werden, weil die Häuser an der Oberzeiherstrasse als „Ortsbild von nationaler Bedeutung“ ISOS durch einen
Bundesratsentscheid seit Jahrzehnten geschützt sind. Für die Umsetzung der Massnahmen ist der Gemeinderat zuständig. Viele Bauwillige in Oberzeihen haben erfahren, was das bezüglich Um- und Neubauten heisst. Offensichtlich hat der Gemeinderat nicht berücksichtigt, dass die Vorgaben (z.B. Dachflächen) auch für die Oberzeiherstrasse 32 gelten. Betrachtet man den Kulturlandplan, dann stellt man fest: Rund um die Bauparzelle sind Fruchtfolgeflächen FFF auf Landwirtschaftszonen ausgeschieden. Sie dienen der prioritären Erhaltung des Bodens. Die Bewilligung einer räumlich eng begrenzten Gewerbeliegenschaft, die unmittelbar von FFF umgeben ist, müsste auch zur zonenkonformen Nutzung der Umgebung Auflagen machen.

Die bisherige Umsetzung des ISOS in Oberzeihen ist ein unvollständiges Flickwerk. Ein Augenschein genügt für diese Erkenntnis. Bei der Erarbeitung der BNO hat es der Gemeinderat verpasst, zusammen mit der Bevölkerung eine gemeinsame Lösung zu suchen. Wenn jetzt Gebäude und Nutzungen aufgrund der neuen BNO bewilligt werden, ist es nichts als recht und billig, wenn auch der Schutz des Ortsbildes korrekt und bei Jedermann angewendet wird. Ich hoffe, dass kantonale Amtsstellen die Rechtmässigkeit des Vorgehens und der erteilten Bewilligung überprüfen werden.

Entweder sie bestätigen die Unfehlbarkeit des Gemeinderates oder sie korrigieren die Entscheide.

Heiner Keller
Oberzeihen, 15. Januar 2024

Bildlegende: Profilierung Baugesuch Oberzeiherstrasse 32, Zeihen, im Februar 2023