Neues Rascheln aus dem Papierkorb der Gemeinde Zeihen

Misst der Gemeindeschreiber absichtlich falsch?

Beim Bau des Wohnhauses von Deiss Philipp und Nathalie in der Röti in Oberzeihen wurde rechtswidrig und unbewilligt Aushubmaterial in der angrenzenden „Biodiversitätsförderfläche“ (Landwirtschaftszone) abgelagert. Meine Anfragen auf der Gemeindeverwaltung Zeihen wurden vom Gemeindeschreiber abgewimmelt, falsch beantwortet und letztlich vom zuständigen Gemeinderat in den Papierkorb verwiesen: „Um die Kosten für unsere Gemeindekasse zu senken habe ich nur für Sie einen neuen Emailaccount eingerichtet, an die Sie zukünftig bitte alle Ihre Mails senden: papierkorb@zeihen.ch. Diese Ungehörigkeit und das Versagen der Baubehörde habe ich daraufhin verschiedenen Stellen im Kanton gemeldet. Der Gemeinderat wurde umgehend veranlasst, für die bereits getätigte Deponie ein Baugesuch aufzulegen und der kantonalen Baugesuchzentrale einzureichen. Das Baugesuch für eine „temporäre Aushubdeponie“ lag vom 20. März bis 20. April 2020 öffentlich auf. Dass die Deponie bereits ausgeführt war (nachträgliches Baugesuch), blieb in der Publikation unerwähnt.

Ich habe eine schriftliche Einwendung gemacht und verlangt: „Die Verantwortlichen sind zu eruieren und entsprechend ihrem Verschulden zu bestrafen. Bauen und Kontrollen sind so zu organisieren, dass solche Rechtswidrigkeiten vermieden werden können. Ich hätte gerne eine Kopie der Stellungnahme des Kantons.“ Letzteres behagte natürlich dem Gemeinderat nicht, weil sein Fehlverhalten damit amtlich bestätigt würde. Der Einfachheit halber hat er mir mit Beschluss vom 28. Juli 2020 einfach die Legitimation für eine Einwendung abgesprochen:
„Mit den Anträgen rügt der Einwender keine Verletzung von Baurechtsnormen, sondern die Vorgehensweise des Gemeinderates. Auf eine Verbesserung der Einwendung konnte jedoch verzichtet werden, da der Einwender nicht zur Erhebung einer Einwendung legitimiert ist. Er wohnt mehr als 500 m vom Bauplatz entfernt“.

Mit Brief vom 13.08.2020 fragte ich nach den Rechtsgrundlagen für die Abweisung der Legitimation. Darauf bekam ich folgende schriftliche Antwort: „Verfügungen und Entscheide kann jedermann durch Beschwerde anfechten, der ein schutzwürdiges eigenes Interesse geltend macht. Zur Auslegung dieser Bestimmungen in Baubewilligungssachen besteht eine langjährige, gefestigte Praxis.“ Ja, diese vernünftige Praxis ist mir sehr wohl bekannt – aber die Antwort betrifft nicht meine Frage. Ich habe keine „Beschwerde“ gegen eine Verfügung oder einen Entscheid, sondern eine Einwendung in einem Baugesuchsverfahren vor einem Bauentscheid gemacht. Die bequeme Begründung für die Abwimmelung meiner Einwendung per Distanzmessung hat die Gemeindeverwaltung offensichtlich vom „Muster“ der Bohrgesuche für die Sondierbohrungen der Nagra im Eichwald übernommen: Alle Einsprachen, deren Unterzeichner mehr als 1‘000 m vom vorgesehenen Bohrplatz entfernt lagen, wurden vom Bundesamt für Energie (BFE) als nicht legitimiert bezeichnet. Meine Distanz betrug in jenem Verfahren 1043 m. Auf offensichtliche Fehler in den Gesuchakten und in der Argumentation wurde nicht eingegangen. Der Gemeinderat Zeihen hat damals nicht die mit Rechtserläuterungen zugedeckten Einsprecher unterstützt, sondern aus irgendwelchen Gründen für die Nagra votiert. Der Gemeindeschreiber legt nun, ohne jegliche Rechtsgrundlage, aber dem eigenen Zwecke entsprechend, eine willkürliche Grenze der Legitimation in Baugesuchverfahren bei 500 m. Damit ich diese „ominöse“, aus den Fingern gesogene „Legitimationsdistanz“ mit gemeinderätlich mitgeteilten 508.4 m auch tatsächlich „überschreite“, misst er die Distanz ab der abgewandten Hinterseite meines Wohnhauses (aus dem Wintergarten). Hätte er vom Balkon, den Fenstern oder dem Garten auf der Hausseite mit Sichtkontakt zur Bauparzelle gemessen, betrüge die „entscheidende“ Distanz weniger als 500 m – und meine elegante Eliminierung als Einwender aufgrund eines frei erfundenen Kriteriums wäre nicht möglich gewesen.

Mit solchen Tricks der Gemeindeverwaltung, für die ich bei Bedarf gerne weitere Beispiele nenne und begründe, schaltet und waltet der Gemeinderat in eigenem Ermessen: Das Baugesuch (für die bereits erstellte Deponie) weist er selbstverständlich ab (Kosten: Fr. 100.-), weil die Verfügung des Kantons die Bewilligung gar nicht erlaubt. Sie verlangt und sanktioniert den Rückbau, der ja sowieso vorgesehen war. Alle haben, was sie wollen: Der Gemeinderat hat nichts falsch gemacht – sondern einfach weggeschaut. Die Bauherrschaft hat illegal aber ungeahndet Aushub im Landwirtschaftland zwischengelagert. Hätte sie dafür ein Baugesuch gestellt, wäre diese „kostensparende“ Lösung abgewiesen worden. Der rechtsgelehrte Gemeindeschreiber, den ich extra noch darauf aufmerksam gemacht habe und der alle ihm passenden Gesetzesartikel kennt, wusste das natürlich genau. Aber je nach den Personen, die es betrifft, nutzt man alle Mechanismen, Gefälligkeiten zu tolerieren. „Wer unrechtmässig baut, soll nicht besser gestellt sein als Personen, die vorgängig ein Baugesuch einreichen“ (www.ag.ch). So etwas gilt natürlich im autonomen Zeihen mit seinem bürgerfreundlichen „Leitbild“ (www.zeihen.ch) nicht, weil der Gemeinderat diesem nicht nachlebt: „Der Gemeinderat sorgt nachhaltig dafür, dass keine gesetzes- und vorschriftswidrigen Bauten ausserhalb Baugebiet erstellt werden. Übertretungen werden durch den Gemeinderat konsequent verfolgt“.

Namens des Gemeinderates bitten mich der Gemeindeammann und der
Gemeindeschreiber (Brief vom…) um Verständnis und Kenntnisnahme: „Selbst bei grosszügiger Anwendung der Legitimationsbestimmungen kann nicht gesagt werden, Sie seien in Ihrer Interessensphäre in höherem Masse als jedermann betroffen“. Dem kann ich zu 150 Prozent zustimmen. Die ganze Bevölkerung ist von diesem behördlichen Nichtvollzug von Gesetzen, von willkürlichen Gesetzesauslegungen, falschen Antworten auf Fragen und der unvollständigen Information über Vorgänge in der Gemeinde betroffen. Dass sie aber mir gegenüber noch Formulierungen wählen, als täte ihnen die willkürliche Ablehnung der Legitimation leid („um Verständnis bitten“), ist wiederum so eine wunderbare Formulierung zur Ablenkung von eigenem Fehlverhalten. Sie bitten nicht um Verständnis für Unflätigkeiten wie den Papierkorb@Zeihen.ch für meine Mails, für Versäumnisse und die Missachtung von Pflichten gegenüber der Gesellschaft für die sie vereidigt wurden. Dafür habe ich in der grünen Oase (z.B. mit Biodiversitätsförderflächen) und in meiner Interessensphäre (transparente, demokratisch-rechtsstaatliche Ordnung) kein Verständnis. Bis zu einer Entschuldigung wird es auch im Papierkorb@Zeihen keine Ruhe geben.

Heiner Keller
Oberzeihen, 29. August 2020

> Schreiben Gemeinderat, Begründung Abweisung Legitimation, 24.08.2020

> Situation-Distanz, Schreiben Gemeinderat, Abweisung Legitimation, 24.08.2020